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Donnerstag, 20. Mai 2010

Vorbereitung III
























Dienstag, 4. Mai
Habe mal wieder mein Equipment ergänzt:
Noch eine Funktionshose, Trekkingstöcke und dazu passende Gummipuffer, damit es nicht so klappert.
Kosten: CHF 124.60
























Mittwoch, 12. Mai
Habe mir nun noch ein Tischstativ zu getan, damit die Kamera in Ruhe gehalten werden kann.
Kosten: CHF 59.-



















Donnerstag, 13. Mai
Habe nun schon einige Fachliteratur:
- Mark Twain, Bummel durch Europa, Insel Verlag, CHF 21.90
- Hamish Fulton, Edizioni Charta, Milano, CHF 45.50
- Haruki Murakami, Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede, btb, Geschenk
























Mittwoch, 19. Mai
Habe eine neue Testwanderung angegangen, von Zürich nach Rupperswil (u statt a, dieses mal). Distanz 29.16 km.
Die Route ist so geplant, dass sie sich möglichst nah an die Luftlinie anschmiegt, aber ein paar unnötige Höhenzüge umwandert.
Bereits auf den ersten Metern weiche ich vom Plan ab, denke mir, der Friedhof wäre doch auch schön, so als Vorschau auf den kleinen Tod am Abend, wenn dann Füsse und Beine schmerzen.
Hinweis: ich werde bei den folgenden Bildern nicht darauf hinweisen, dass bei der Bildbetrachtung auch immer ein Blick auf den Himmel geworfen werden sollte: heute wurde einiges geboten.



















Bereits nach wenigen Kilometern, so etwa zwei machte ich schon den ersten Versorgungshalt.
Hier kaufte ich 2 Bananen, ein Schinkensandwich und einen Milchdrink mit Erdbeergeschmack, als Mittagsration.
























In meinen Augen das Typische an Albisrieden, welches eben auch Dörfli genannt wird. Eine ordentliche Schichtung von Inhaltsebenen.
























Genauso typisch: die Tiefenschichtung, wegen der Hanglage.



















Richtig tolles Garagentor-Traditional



















Auf den ersten Blick vermutet das naive Auge hier Unordnung. Wer aber die Schweiz kennt, weiss, dass es diesen Zustand nicht gibt, ne, gar nicht erst geben kann.
Also erkennt das Auge dann eine kunstvoll angelegte Bike-Trail-Strecke... und irgend eine Anlage, wohl für eine Gegenveranstaltung zur Fussball-WM im Hintergrund.



















Noch auf dem Stadtgebiet von Zürich, eine Landschaft, nicht von einem Häuschen getrübt. Gut, rechterhand wäre ein Friedhof, aber das weiss ja nicht jeder.
Dennoch machte ich das Foto, ich befürchtete, es könnte die letzte Idylle des Tages sein.



















Jap, genau, nur schon ein paar Meter weiter ist die Welt mal wieder Stockentenverpestet (ich hielt meine soweit noch versteckt) und im Hintergrund macht sich schon mal der industrielle Aargau breit... da werde ich jetzt ja hin gehen.



















Aber zuerst noch Mein-Gott-Urdorf, in Hässlichkeit nur noch von allen anderen Zürcher Vorortsgemeinden erreicht. Abgesehen von den Dachterrassen, ich glaub, wenn man da ist, ist es nett, weil man sieht ja dann auch das eigene Haus nicht recht.
























Aber schöner Brunnen, unter dem viel versprechenden Zeichen des Weines entstand schon viel Spass. Ganze Jahrgänge von Wasserballonen zersprangen bereits am Hahn.
























Ein Lob der traditionellen Bauweise: sind die Ziegel erst mal unten, können auch alle Stützen durchschnitten werden, und das Dach hält dennoch.

Dieses Haus beschäftigte mich dann noch ein wenig - abgesehen von der grundsätzlichen Abscheu muss man dieser Sanierung wenigstens zugute halten, dass die Architekten die Proportionen nicht versauen können. Was ja schon ein Maximum ist, wenn man einige Häuser drum herum in Betracht zieht.



















Endlich wieder Wald, tut meinem Seelenfrieden echt gut! Ich muss in Zukunft darauf achten, dass möglichst viele Etappen durch den Wald führen.



















Nun ja, dieses Exemplar hätte ich im Wald wohl nicht entdeckt. Es ist mein Tagespreisträger des misslungensten Neubaues überhaupt: Schwebendes Erdhaus über Beton Sockel, welcher aber zu gerne eine Scheune wäre.
In diesem Fall würde ich ausnahmsweise nicht für sofortige Sprengung plädieren, sondern um Konservierung in einer grosszügig bemessenen Betonglocke: Daran sollen sich Archäologen folgender Zivilisationen den Zahn ausbeissen - mit ihrer Rekonstruktion unserer Kultur, und überhaupt der Funktion dieses Gerätes.



















Hier dachte ich, dass ich wohl zum letzten Mal auf dieser Wanderung den Üetliberg, Zürichs Hausberg, sehen werde, weswegen ich dieses Foto schoss.
























Was aber nicht stimmte, einige Höhenmeter später sah ich ihn nochmals, sogar fast noch besser.
Auch dieses war nicht das letzte mal, aber danach wurde mir meine Nostalgie selber zu blöd. "Heimweh", ein Helvetismus übrigens, ein Begriff der im Deutsch zuvor nicht bekannt war, also bevor sich Schweizer Söldner im Ausland ausweinten. Deswegen wurde von den Soldgebern das Darbringen des Guggisberg-Liedes bei Strafe verboten, weil es die Moral der Truppe vollständig zersetzte.
























Kurz darauf wurde ich auch schon von einem Regenschauer unter eine Baumgruppe gefesselt, ich nutze die Gelegenheit, um ein paar Fingerübungen mit dem Kamera zu machen...



















Diese Gestaltungsidee hat sich dann wohl im Gehirn fest gefressen, später setzte ich gleich nochmals ein ähnliches Motiv um... und hätte wohl noch weiter gemacht, wenn sich das Wetter nicht veränderte.
























Dies ist mein Preisträger: schönste Bank des Tages, kurz über Bellikon. Seperater Zugang, eigene Müllentsorgung und Wetterschutz, fehlt höchstens noch der Brunnen zur Perfektion.



















Ich ging aber weiter, zu einer weniger schönen Bank: die Tagestemperaturen waren um 16 Grad Celsius, was schwer in Ordnung war, aber nach dem Regenschauer war ich stark unterkühlt.
Hier bin ich im typischen Trekking-Mittagessen begriffen. Mittels Karten und Kompass versuche ich meine Position zu bestimmen, und den weiteren Lauf festzulegen. Dazu as ich die einte Banane, und trank die Erdbeermilch.



















Gestärkt schaute die Welt wieder freundlich aus, diese eigenwillige Uminterpretation eines Bauernhauses erfreute mich tatsächlich, links Himmel, rechts Hexe.
























Überhaupt scheinen im Aargau einige Wahnsinnige angesiedelt zu sein... so schlimm wie sein Ruf ist der Kanton also keineswegs.



















Wer Aargau sagt, meint Töffli.
Von diesem Exemplar fühlte ich mich persönlich angegriffen. Wie kamen die Branding-Designer bloss auf die Idee, ein Moped mit "Grand Sport" zu bezeichnen?
Ich hätte es sehr gerne.
























Wie alle ländlichen Gebiete ist auch der Aargau bekannt für sein Sektenwesen. Hier haben wir es wohl mit sehr speziellen Hard-Core-Feng-Shui-Anhängern zu tun. Alle direkten Wege ins Erdgeschoss sind für jegliche hypothetischen Drachen verwehrt.
























Was der Nachbar aber noch locker zu toppen wusste. Er muss wohl der Hoheprister im Dorf sein.



















Aber dann, beim Gemeindehaus, ich meine mich zu erinnern, dass es Künten war, da war ich mir überhaupt nicht mehr sicher: war das noch Feng-Shui, oder ist dass eine sehr stichhaltige Beweisführung, dass Kunst im öffentlichen Raum ihr Ende erreicht hat?



















Später meldete sich bei mir sowas wie Hunger. Was aber nicht zutrifft, es war eher so eine unpräzise Lust auf Essen, im gleichen Moment wollte ich Nussgipfel aber auch Paprika-Chips essen... und über mir kreissten die Raubvögel.
Ich machte mir Sorgen.



















Ein sehr gefreutes Beispiel des Konstruktivismus.
























Worauf ich dann auf diese Allegorie des "Du hast riesen Hunger, aber wir können den stillen" traf.
Ich ging in die dazugehörende Bäckerei, und kaufte mir, passend zu meinen Gelüsten einen Wurstweggen und einen Himbeer-Muffin, die ich darauf parallel verspeiste. War super. (vielleicht nicht die Backwaren, aber meine Gelüste waren vollständig befriedigt.)



















Und finally der Beweis:
Ich bin im Aargau, und da fahren sie Töfflis. Und dass ich es da mit Profis zu tun hatte, erkannte ich sofort an den Lenkern.



















Ein bisschen leider ging mir die Zeit aus, ich konnte nicht mehr weiter nach Rupperswil, ich musste nach Lenzburg, direkt da hinter dem Tor.
Eigentlich hätte ich die Etappe beenden wollen, aber zu dem Zeitpunkt begannen die Schmerzen in den Beinen überhand zu nehmen.

Die Luftlinienentfernung zwischen meiner Haustür und dem Bahnhof Lenzburg beträgt 25.79 km.
Aber gemäss meinem mitgeführtem GPS ging ich dann doch 43.2km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4.8 km/h. Laufzweit: 9h 4m 46s.
























Nicht aber, ohne davor noch einen vermeintlichen Anhänger dieser Feng-Shui-Extremisten zu entdecken.
Wobei, bei dem war ich mir ziemlich sicher, dass er mit denen nichts am Hut hat. Es ist wohl wie immer: er hat die architektonische Realisation eines Konzeptes gesehen, und dann frei von allen Inhalten angewendet... es ist ja offensichtlich, da wo früher die Eingangstür war, ist bei ihm immer noch das Tor zur Welt.